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Ich liebe kleine Sinnsprüche. Sie regen zum Nachdenken an, machen Mut oder geben einem Kraft.

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02. April 2019, 21:42

Kinderfotos im Netz

Verschmiert im Gesicht, nackt auf dem Topf, glasige Augen nach dem Wutanfall: Manche Eltern posten solche Fotos ihrer Kinder im Netz. Eine Fotokampagne soll uns zum Nachdenken bringen, welche Bilder wir von Kindern besser nicht posten sollten.

Die Bloggerin Toyah Diebel hat sich die Kampagne #DeinKindAuchNicht ausgedacht. Sie unterscheidet für sich verschiedene Kategorien von Bildern. Die einen sind die, die Motive ähnlich ihrer Kampagne zeigen. Bei einer anderen Kategorie hat sie aber noch größere Bedenken. Im Gespräch mit SWR3 sagt sie: Bilder, die ich eindeutig am problematischsten finde, Bilder die in den sexuellen Kontext gezogen werden könnten. Es gibt einfach Bilder von nackten Babys und Kindern, die wir vielleicht süß finden. Es gibt aber Leute auf diesem Planeten, die finden diese Bilder mehr als nur süß. Da sollten wir drüber nachdenken.

Auch dass Eltern das Sorgerecht haben und die Erziehungsberechtigten sind, ist für Toyah Diebel kein Argument. Sie sieht Beratungsbedarf bei Eltern:

„Vielen Eltern ist gar nicht bewusst, dass ein Kind kein Gegenstand ist, mit dem man machen kann, was man gerne möchte. Ein Kind hat trotzdem Rechte. Auch wenn die Eltern die Erziehungsberechtigten sind. Dieses Kind wird auch irgendwann mal erwachsen sein und sich über seine Rechte bewusst sein und dann „Prost Marie“, was dann die Kinder machen werden.“
Persönlich würde sie keine Fotos ihres Kindes posten. Auch nicht von hinten, auch nicht mit einem Smiley auf dem Kopf. Für sie gilt: Wer der Meinung ist, dass er sein Kind unbedingt posten muss, sollte sich folgende Fragen stellen:

Warum poste ich dieses Bild? Was ist der Mehrwert, was ist mein Antrieb?
Gibt es vielleicht eine Person auf dieser Welt, von der ich nicht möchte, dass sie dieses Bild sieht?
Warum möchte ich dieses Bild mit fremden Menschen teilen? Wer kann das überhaupt alles sehen?
Das Wichtigste von allem: Ist die Privatsphäre meines Kindes auf diesem Bild geschützt? Wenn das nicht der Fall ist, dann hat dieses Bild im Internet nichts verloren.

Toyah Diebel

Wer Fotos seiner Kinder ins Internet stellt, sollte ein paar Regeln beachten, die das Deutsche Kinderhilfswerk empfiehlt:
1. Bezieht die Kinder immer ein. Ist das Kind dafür zu klein, muss das Foto noch
warten.
2. Vermeidet, das Gesicht des Kindes zu zeigen.
3. Personenbezogene Daten vermeiden: keine Namen, keinen Wohnort, auch
nicht den Namen des Kindergartens nennen.
4. Überlegen: Wäre das ein Bild, das ich auch von mir selbst ins Internet stellen
würde. Keine peinlichen, unangenehmen oder unangemessenen Situationen
zeigen.
5. Regelmäßig die Privatsphäre-Einstellungen überprüfen, damit man ggf.
Änderungen mitbekommt.


#DeinKindAuchNicht: Kampagne gegen Kinderfotos im Netz

Redakteur




22. August 2018, 20:19

Diskussion um Kinder - Eine Glosse von Arno Frank

Den folgenden Text habe ich zufällig unter (http://www.spiegel.de/​kultur/gesellschaft/ruegen-ein-restaurant-und-eine-erkenntnis-kinder-sind-eine-zumutung-a-1223789.html) gefunden. Herr Frank bringt das Thema sehr amüsant gekonnt auf den Punkt. Chapó

Eine Zumutung
Kinder sind in beinahe jeder Hinsicht eine Belastung: hygienisch, akustisch, motorisch, finanziell - vielleicht sogar moralisch. Und trotzdem auch der Sinn des Lebens. Und nun?
Neulich wurde ich Zeuge, wie im Freibad eine etwa Siebenjährige ins Becken pinkelte. Nicht ins große Schwimmerbecken, wie sich das gehört. Sondern ins flache Fußbecken davor. Ganz selbstverständlich, beinahe verträumt, als wäre das die normalste Sache der Welt. Da war schnell Feierabend mit kandiertem Kinderkitsch à la "Ist das nicht süß?" und "Oh, wie herrlich unbefangen!".
Kinder sind eine Zumutung. Ist so.
Niemand weiß das besser als Leute, die welche haben. Kinder sind in beinahe jeder Hinsicht eine Belastung. Hygienisch, akustisch, motorisch, finanziell sowieso, vielleicht sogar moralisch. Streng genommen wandern Kinder über dunkle Kanäle in unsere Sozialsysteme ein und leben dort jahrelang auf Kosten einer Gesellschaft, deren Werte sie nicht anerkennen. Bohren in der Nase, zeigen mit dem Finger auf Leute, brüllen herum, singen falsch, ziehen an Tischdecken, stören den schönsten Patchworkfamilienentwurf, nötigen Autofahrer zu Vollbremsungen - und denken sich nicht einmal etwas dabei, gar nichts.
Auch sind Kinder keineswegs nette Leute. Gezanke unter Geschwistern steht in Intensität und Heftigkeit dem Nahostkonflikt in nichts nach. Da hat Kind A dann Kind B etwas weggenommen, das B früher einmal zugesprochen wurde, was A aber bezweifelt, weshalb Mutter als innerfamiliärer Uno-Sicherheitsrat eine zwecklose Resolutionen erlässt, gegen die Vater sein Veto einlegt, während die Spirale der Gewalt im Kinderzimmer sich weiterdreht.
Nun sind Kinder aber auch der Sinn des Lebens. Ist so.
Leugnen wird diese Wahrheit nur, wer unter "Leben" langfristig ein erfreuliches Paket aus gesundem Schlaf, gutem Sex, glücklichen Beziehungen, geistiger Arbeit, endlosen Fernreisen, interessanter Karriere, klassischen Sportwagen, noch besserem Sex oder ungestörten Restaurantbesuchen auf Rügen versteht.
Hier liegt eine Verwechslung vor, die vielen modernen Menschen unterläuft. Mit diffuser Erfüllung und Spaß an der Freude hat das Leben an sich nichts zu tun. Es hat für das Individuum nur insofern Verwendung, als es sich doch bitte fortpflanzen möge. Damit es weitergeht mit der Spezies. Weiter geht es nur mit Kindern. Kinder sind eine Zumutung. Der Sinn des Lebens ist eine Zumutung. So weit, so Schopenhauer.
Peter Sloterdijk hingegen hat Kinder einmal sinngemäß als mundgeblasene, goldene Christbaumspitze der bürgerlichen Existenz bezeichnet. Sie sind sozusagen die I-Tüpfelchen einer erfolgreichen Lebensplanung. Und Tüpfelchen hat man nicht "im Griff", man lässt sie "ganz Kind sein", sich selbst und der Umwelt auf der Nase herumtanzen. Auch das hat Methode und seinen Sinn.
Gestörter Umgang mit dem Nachwuchs
Ein Hersteller überteuerter Chronometer wirbt seit 20 Jahren mit dem Spruch, man könne sich "ein Leben lang an" der Uhr erfreuen, "aber eigentlich bewahrt man sie schon für die nächste Generation". Die Kinder auf den Motiven sind in Habitus und Kleidung schon wie exakte Wiedergänger ihrer arrivierten Eltern inszeniert - und die sind in der Regel auch keine sonderlich fügsamen und braven Gestalten.
Und so soll es sein. Wird nicht an der Schule schon der Mohammed säuberlich vom Johannes getrennt? Und lernt der Johannes nicht in der fünften Klasse bereits, wie man einen überzeugenden "Impulsvortrag" hält? Ist es nicht nur eine Frage der Zeit bis zum Drive-in-Klassenzimmer, damit die Eltern direkt mit dem SUV vorfahren können? Während die Sprösslinge der Abgehängten schauen dürfen, wie sie nicht unter die Räder und mit einem Hartz-IV-Kindergeldsatz von 194 Euro über die Runden kommen?
Was alles natürlich ebenfalls eine Zumutung ist, hier wie dort, oben wie unten, für Eltern wie Kinder. In Deutschland scheint der Umgang mit dem Nachwuchs grundsätzlich gestört, und zwar allerseits. Zumal heute Studierende so empfindlich sind wie Kleinkinder und Rentner so renitent wie Teenager, wie überhaupt das allgemeine Belehren und Unterweisen und Besserwissen und Verbieten kein Ende hat in unseren Zeiten fröhlichster Infantilisierung.
Für Kinder haften die Erwachsenen
Kein Wunder, dass bei den echten Kindern hier und da der gesellschaftliche Welpenschutz versagt und in der freien Wildbahn bisweilen die Beißhemmung fällt. Kinder sind entweder Kunde oder Statussymbol, den Rest regelt der Markt. Kann ich als Gastronom nicht mit Kinderfreundlichkeit punkten, weil das jeder tut, dann werbe ich eben mit Kinderfreiheit.
Die Kinder selbst kümmert das nicht. Ihnen ist es gleich, wo sie ihre Fanta umstoßen und um die Tische rennen. Deshalb sind es ja Kinder. Für sie haften die Erwachsenen. Falls es denn Erwachsene sind und nicht "große Kinder".
Das Geschrei der übrigen Gäste im Freibad war natürlich enorm, der Ärger des Bademeisters auch. Ich schaute ihm zu, wie er das verdreckte Wasser ablaufen ließ, das Becken schrubbte, frisches Wasser nachfüllte. Dann fasste ich mir ein Herz und knöpfte mir das Kind vor. Ich packte es am Arm, vielleicht ein wenig zu hart, und fauchte: "Verdammt, was hast du dir denn dabei gedacht?" Darauf die kleine Göre, völlig unbeeindruckt von meiner Drohkulisse: "Gar nichts, Papa."

Redakteur